Mittwoch, 29. Oktober 2025

Hl. Antonio Maria Claret, feuriger Missionar

Sto. Antonio Maria Claret
(Museo Nacional dek Romanticismo de Madrid)


Plinio Corrêa de Oliveira 

Heiliger des Tages – 23. Oktober 1964

 

Heute ist der Gedenktag des hl. Antonius Maria Claret, Bischof und Beichtvater. Er war Erzbischof von Kuba und sah die Strafe der Insel voraus. Er kämpfte unermüdlich gegen die Freimaurerei und für die päpstliche Autorität. Als großer Verehrer der Gottesmutter gründete er die Kongregation der Söhne ihres Unbefleckten Herzens.

Ich empfehle allen Anwesenden, in der Bibliothek nach der Biografie des hl. Antonius Maria Claret zu suchen. Sie ist auf Spanisch verfasst und wurde von den Claretinerpatres herausgegeben. Es handelt sich um eine recht umfangreiche Biografie, nicht um eine der üblichen Kurzfassungen. Ich las sie, als ich vor vielen Jahren in Rio Claro einen Vortrag über den hl. Antonius Maria Claret halten sollte. Ich las sie auf dem Weg dorthin und war von seiner Biografie tief beeindruckt.

Es gäbe so viel über den hl. Antonius Claret zu sagen, und so vieles ist so außergewöhnlich – wie es ja für jeden Heiligen gilt, dessen Biografie gut geschrieben und gut zu lesen ist –, dass dies eher einen Vortrag als ein paar kurze Anmerkungen erlauben würde.

Ich könnte jedoch Folgendes sagen: Die Kirche rät von Vergleichen zwischen Heiligen ab, und deshalb werde ich nicht behaupten, dass der hl. Antonius Claret der größte Heilige seiner Zeit war. Aber ich würde sagen: Wenn es stimmt, dass es in jeder Epoche große Heilige gibt, die in Gottes Augen und in den Plänen der Vorsehung alle anderen an Bedeutung übertreffen, dann war der hl. Antonius Claret gewiss einer dieser Heiliger.

Er war weit mehr als nur der Gründer einer Ordensgemeinschaft. Und außerdem ist umstritten, ob er der Gründer der Söhne des Unbefleckten Herzens Mariens war. Das wird von einigen bestritten. Er war wahrlich einer jener Männer, die, obwohl sie keinen besonders tiefgreifenden Einfluss auf ihre Zeit hatten, allein durch ihre Existenz die Epoche vollständig prägten.

Stellen Sie sich Folgendes vor: Ein kleiner, untersetzter, lebhafter, feuriger Katalane, der nacheinander Folgendes tut: Zuerst geht er zum Studium nach Barcelona, ​​und dort beginnt er als Weber zu arbeiten. Aufgrund seines überaus lebhaften und ungestümen Temperaments verlor er so viel psychische Distanz beim Weben, dass er das Interesse an seiner Berufung verlor; er hörte auf, an das Priesteramt zu denken, und verbrachte einige Jahre mehr oder weniger mit Maschinen, Webstühlen und Ähnlichem beschäftigt; ohne an etwas anderes zu denken. Er praktizierte zwar weiterhin die Religion, war aber im Grunde ein totaler Looser.

Und genau so war der heilige Antonius Maria Claret zu jener Zeit in seinem Leben. Er berichtet, dass er zur Messe ging und – so scheint es – einmal wöchentlich die Kommunion empfing; aber, dass er, abgesehen von der strikten Erfüllung dieser Pflichten, an nichts Anderes dachte. Denn das Einzige, worüber er nachdenken wollte, waren Maschinen und Webstühle. Und an nichts Anderes. Kurz gesagt, das ist ein vergifteter Looser.

Eines Tages ging er mit seinen Gefährten schwimmen; eine sehr starke Welle kam, und er wurde auf den Grund gezogen; einen Grund, der vielleicht gar nicht so tief war, weil er klein war; Doch er wurde auf den Grund gezogen. Dort schluckte er Unmengen Wasser, verlor kurz das Bewusstsein und seine Freunde bringe ihn an den Strand. Dort, zwischen Atemzügen und Ohnmacht, begann er über die Todesgefahr nachzudenken und erkannte das Böse, das er getan hatte. Und erholt er sich wieder.

Und hier ist eine gewisse Ähnlichkeit mit uns. Denn unter einen gewissen Punkt kommt eine gewisse Besserung zustande in einigen von uns. Dann beginnt die zweite Phase, die mit einiger Mühe fortgesetzt wird, bis er wiederhergestellt wird oder von seinen inneren Dämonen befreit wird. Es ist eine Art Bekehrung. In diesem Sinne ist er der Schutzpatron der Taugenichtse.

Er hat sich bekehrt, weil er eine tiefe Verehrung für die Muttergottes hatte. Das hatte er schon immer. Und die Muttergottes, die ihn zu Großem vorherbestimmt hatte, ließ ihn, indem sie ihre Pläne erfüllte, wieder aufstehen und bekehrte ihn. Dann folgte ein unaufhaltsamer, eifriger Aufstieg zu den Gipfeln der Heiligkeit, die wir gleich sehen werden, wie er sie erreicht hat.

Er wird zum Priester geweiht. Er wird Missionar. Und so offenbart sich der Typus des Volksmissionars mit einigen wirklich herausragenden Eigenschaften. Er war ein Mann mit einer kraftvollen Stimme. Wäre er in den heutigen Kirchen, bräuchte er keinen Lautsprecher. Und er predigte nicht nur in Kirchen, sondern – da diese zu klein waren für die Menschenmassen, die er anzog, - und ich möchte das Wort „Menschenmassen“ betonen –, mussten Versammlungen auf öffentlichen Plätzen abgehalten werden. Und auf den öffentlichen Plätzen trug seine Stimme weit. So viele Menschen kam um ihn zuzuhören, dass die öffentlichen Plätze manchmal nicht ausreichten, um alle zu fassen.

Und wenn er von einer Stadt zur anderen ging, war sein Ruhm als begnadeter Redner so groß, dass ihn ein Großteil der Bevölkerung der Stadt, in der er gesprochen hatte, bis zur Hälfte der Strecke begleitete; die Bevölkerung der Stadt, in die er ging, kam ihm in einer Prozession entgegen und begleitet ihn. Bei der Versammlung hielten die einen eine Abschiedspredigt, für die anderen eine Begrüßungspredigt; es wurde viel geweint, denn er verstand es, die Zuhörer zu Tränen zu rühren.

Und dann ging er zu einer anderen Kirche, um dort als ein überaus lebhafter, fesselnder, leidenschaftlicher, tiefgründiger und überzeugender Volksredner zu sprechen, der von außergewöhnlichen Charismen geprägt war, die während seiner Predigten zu spektakulären Ereignissen führten.

Plötzlich ging er vorbei und sagte: „Gnädige Frau – und er deutete auf eine Frau im Publikum –, gnädige Frau zum Beispiel glaubt, dass sie nicht sterben wird, dass sie noch, ich weiß nicht wie viele Jahre, leben wird; und Ihr Tod wird nicht länger als … – Spannung – sechs Monate dauern!“ Die sichtlich interessierte Frau fiel natürlich in Ohnmacht; Weinen usw. Und oft geschah es, wie er vorhergesagt.

Ein andermal sagte er: „Ich werde den Dämon austreiben, der über diesem Saal schwebt.“ Er sprach die Exorzismus Formel, und ein lauter Knall ertönte: Blitze zuckten am klaren Himmel, die Glocken des Glockenturms läuteten! Und die ganze Bevölkerung war wie erstarrt … Natürlich kam es zu Massenbekehrungen. Denn wir können uns die Wirkung solcher Predigten gut vorstellen.

Seine großen Qualitäten als begnadeter Redner und Missionar wurden durch etwas Merkwürdiges ergänzt. Er wusste genau, dass seine Mission die eines Missionars war; er wollte nie ein tiefgründiger Theologe werden. Er wollte nie ein hochtrabender Redner sein; er strebte nie danach, ein Pater António Vieira, ein Bossuet, ein Bourdaloue oder Ähnliches zu sein. Er verstand, dass er geboren war, um zum einfachen Volk zu sprechen, und er sprach zu ihnen. Und er gab ein erbauliches Beispiel, etwa in Bezug auf bestimmte Ordensgemeinschaften, die dazu bestimmt sind, Menschen aus dem einfachen Volk auszubilden, sie mit einer brillanten Volksrede zu bekehren – und das war’s.

Interessanterweise behaupteten die Christdemokraten jener Zeit, es sei unmöglich, das Volk zu gegenrevolutionären Positionen zu führen, und es sei notwendig, völlig neue Methoden der Missionierung zu erfinden, da die alten nicht funktionierten. Er hingegen erzielte ein fabelhaftes Ergebnis, indem er die alten Methoden geschickt anwandte.

Mit anderen Worten: Er gab diesen Leuten die Antwort: „Mit den alten Methoden der Missionierung, die ihr predigt, erzielt ihr keine Ergebnisse; ich glaube euch. Mit den neuen werdet ihr auch keine Ergebnisse erzielen, aber das liegt daran, dass ihr nichts taugt.“ Es ist ungefähr so, als würde ein Sänger im Radio singen und sagen: „Nein, ich singe nicht gut wegen des Lautsprechers.“ „Nein! Du singst falsch; wenn du den Lautsprecher anmachst, klingt es sowieso nur Unsinn.“

Auch hier fehlen ihm die Eigenschaften des hl. Antonius von Claret. Doch der hl. Antonius von Claret verstand etwas anderes sehr gut. Er war ein Mann, der dazu berufen war, Begeisterung zu entfachen, nicht die von ihm entfachte Begeisterung zu koordinieren. So reiste er durch die Provinzen und entfachte überall die Liebe zu Gott; und dann ließ er andere diesen Samen, dieses Feuer aufgreifen und es für einen anderen Zweck nutzen. Das ist das Vorbild der Losgelöstheit; ohne sich um die eigene Ernte zu kümmern, sondern um zu säen, damit andere ernten konnten.

Schließlich, zum Erzbischof ernannt, reiste er nach Kuba. Dort begann er eine wahre Bekehrung der jungen Insel. Und deshalb entfesselte die Freimaurerei eine heftige Kampagne gegen ihn. Weil er die Änderung von Bräuchen provozierte, provozierte er Bekehrungen. Dann folgte eine Reihe von Angriffen und so heftiger Widerstand gegen ihn, dass die spanische Königin ihn aufgrund dieses Widerstands von der Insel entfernen musste.

Anschließend wurde er vom Papst vom Erzbischof von Santiago de Cuba zum Patriarchen von Indien und Kaplan des Königlichen Hofes von Madrid versetzt, worauf ich später noch eingehen werde. Vor seiner Abreise aus Kuba sprach er eine Art Fluch über die Insel aus.

Die Szene ist prachtvoll: Das Schiff, das davonsegelt; und er, in seinem bischöflichen Ornat, blickt auf Santiago de Cuba, die damalige Hauptstadt, mit dem Glanz ihrer Lichter am Meer usw.; und prophezeit, es sei eine schreckliche Insel, bewohnt von Menschen, die Gott verworfen hätten, und es werde nicht lange dauern, bis die Strafe für Kuba beginne.

Tatsächlich wurde Kuba kurz darauf unabhängig. Und für Kuba gab es keine schlimmere Strafe als die Unabhängigkeit. Denn unabhängig zu werden bedeutete erstens, auf jegliche spirituelle Kraft zu verzichten, die man von Spanien erhalten hatte; Aber zweitens geriet es unter die Herrschaft einiger verkommener Männer aus den Vereinigten Staaten. Und Kuba wurde in dieser Zeit zu einer Art amerikanischer Kolonie, wo skrupellose Amerikaner ihre Ausschweifungen und ihre Lust an die Strände Kubas brachten, die während ihrer Ferien zu einem Ort der Korruption und Unmoral geworden waren.

Dann kam Fidel Castro – wie Sie alle wissen – und die Prophezeiung des heiligen Antonius Claret erfüllte sich in unvorstellbarem Maße.

Er ging nach Spanien. Kurz darauf wurde er an den Hof berufen. Der Hofkaplan trug den Titel Patriarch von Indien, doch dieser hatte nichts mit Indien zu tun; es war eine rein konventionelle Angelegenheit. Schließlich wurde er der Beichtvater der Königin. Und die Königin war eine liberale Königin, die dem liberalen Zweig des spanischen Königshauses angehörte, der sich im Krieg mit den Karlisten befand.

Und wie es bei diesen liberalen Zweigen immer der Fall ist, besteht ihre Daseinsberechtigung darin, der Revolution in die Hände zu spielen. Und wenn sie sich ihr nicht beugen, werden sie gestürzt. Und so kam es, dass die Königin der Revolution in die Hände spielte, denn sie war eine Frau aus eigenem Antrieb und verfolgte liberale Politik. Doch im Kontakt mit dem hl. Antonius Claret veränderte sie sich allmählich; sie wurde antiliberal. Und sie verfolgte eine Politik, die den Zielen der Revolution zuwiderlief, sodass sie schließlich nach Frankreich verbannt wurde. So war es der heilige Antonius Claret, der durch seinen Eifer dieses Erdbeben in Spanien auslöste.

Während er gleichzeitig seine wichtige Mission als Missionar in ganz Spanien fortsetzte, soll er in dieser Zeit die Kongregation der Söhne des Unbefleckten Herzens Mariä gegründet haben. Der Name der Kongregation ist eng mit der Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariä verbunden, und da ich dies bereits erwähnt habe, brauche ich es nicht weiter auszuführen.

Es war ein großer Sieg für die gute Sache, dass Isabella II. auf diese Weise abgesetzt wurde. Denn die Revolution wollte in Spanien keine Republik errichten. Sie strebte eine konstitutionelle Monarchie an, da es für eine Republik noch zu früh war. Sie wurde gezwungen, eine Republik zu errichten, doch dann traten viele Gegenreaktionen auf. Und schon bald musste die Monarchie wiederhergestellt werden. Das heißt, dieser Erfolg war ein wahrer Sieg für die Monarchie. Die Republik hätte in Spanien ohne das Wirken des hl. Antonius Claret früher endgültig gesiegt.

Daher im Ersten Vatikanische Konzil, und die ist berühmte Episode in seinem Leben. Er war alt, krank und von den höchsten Gnaden umgeben, die einem Menschen zuteilwerden können; so ging beispielsweise die Gegenwart des Allerheiligsten Sakraments in ihm von einer Kommunion zur nächsten nicht verloren; er war ein lebendiges Tabernakel, das das Allerheiligste Sakrament stets bei sich trug, so wie die Gottesmutter Jesus während der Menschwerdung und der Zeit seiner Geburt in sich trug.

Nun gut. Er erlebte auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil einige Äußerungen von Bischöfen gegen die päpstliche Unfehlbarkeit. Und er, der kein Theologe war, erhob sich und hielt eine berühmte Predigt, in der er erklärte: „Ich bin kein Theologe, und ich bin nicht hierhergekommen, um darüber zu sprechen, sondern um mein tiefes Bedauern darüber auszudrücken, wie Bischöfe hier die Vorrechte des Papstes beschneiden und sich dem Heiligen Stuhl gegenüber so unverschämt verhalten haben.“ Er war darüber so entmutigt, dass er kurze Zeit später an gebrochenem Herzen starb.

Er ist unser Schutzpatron, als Schutzpatron der Nichtsnutzer; er ist unser Schutzpatron, als Schutzpatron der Gläubigen, die die Gnade annehmen; er ist unser Schutzpatron, weil er sein Leben lang die Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariens und der Muttergottes mit großem Eifer förderte. Er ist uns ein Vorbild und Schutzpatron, als Kämpfer gegen die Spanische Revolution; er ist uns ein Vorbild und Schutzpatron, weil er uns zeigt, dass in den einfachen Bevölkerungsschichten – entgegen den Absichten der Revolution – eine wahre und gute, ultramontane Predigt vollkommen Anklang findet. Und er ist unser Schutzpatron, als Verehrer des Heiligen Apostolischen Stuhls.

All diese Gründe veranlassen uns morgen, in besonderer Weise auf seinen Schutz zu vertrauen und ihn um ganz besondere Gnaden zu bitten.

Ich möchte betonen, dass wir vor allem über zwei Dinge nachdenken sollten: unsere eigenen Schwächen, die Befreiung jedes Einzelnen von ihnen von der Nichtsnützigkeit und insbesondere für das Zweite Vatikanische Konzil.

 

 

 

Anmerkungen und Kommentare zur Enzyklika „Mediator Dei“

 



„Legionário“ Nr. 803, 28. Dezember 1947

In der Fortsetzung unserer Bemühungen die Verbreitung der Enzyklika „Mediator Dei“ von Papst Pius XII., beginnen wir heute mit der Veröffentlichung von Kommentaren und Anmerkungen zum päpstlichen Text.

Neben dem Bestreben, die Gedanken des Papstes in erhabener theologischer Sprache den Lesern zugänglich zu machen, konzentrieren wir uns auf den Zusammenhang zwischen den Enzykliken „Mediator Dei“ und „Mystici Corporis Christi“, die ein einziges und wichtiges Lehrwerk bilden.

1. Text der Enzyklika:

Die Kirche führt also, getreu dem von ihrem Stifter erhaltenen Auftrag, das Priesteramt Jesu Christi vor allem durch die heilige Liturgie weiter.

Kommentar der Redaktion:

Das Priestertum Jesu Christi wird vor allem und also nicht nur durch die Heilige Liturgie fortgeführt.

2. Text der Enzyklika:

In erster Linie tut sie dies am Altare, wo das Kreuzesopfer ständig dargebracht und erneuert wird, wobei einzig die Art der Darbietung verschieden ist; dann durch die Sakramente, besondere Mittel, durch welche die Menschen des übernatürlichen Lebens teilhaftig werden; endlich durch den Lobpreis, der täglich dem allgütigen und allmächtigen Gott dargebracht wird.

Kommentar der Redaktion:

In der Liturgie setzt die Kirche das Priesteramt Jesu Christi nicht nur in der Messe fort, sondern auch in den Sakramenten und im Stundengebet.

3. Text der Enzyklika:

Es ist Euch, ehrwürdige Brüder, sicher bekannt, dass gegen Ende des letzten und zu Beginn des gegenwärtigen Jahrhunderts ein außerordentlicher Wetteifer auf dem Gebiet der liturgischen Studien entfaltet wurde, sowohl durch private Arbeit, wie besonders durch die weit ausholende und emsige Tätigkeit einiger Klöster des berühmten Benediktinerordens; so wuchs nicht nur in vielen europäischen Nationen, sondern auch in den überseeischen Ländern diesbezüglich ein lobenswertes und fruchtbringendes Bemühen. Die segensreichen Früchte dieses eifrigen Bemühens konnte man auf dem Gebiet der theologischen Wissenschaften wahrnehmen, wo die liturgischen Riten der abend- und morgenländischen Kirche erschöpfender und tiefer durchforscht und erfasst wurden, wie auch im geistlichen und privaten Leben vieler Christen.

Die hehren Zeremonien des heiligen Opfers wurden bessererkannt, erfasst und geschätzt, die Sakramente wurden allgemeiner und häufiger empfangen, die liturgischen Gebete inniger verkostet und die Verehrung der heiligen Eucharistie - was auch fortdauern soll - als Quelle und Mittelpunkt wahrer christlicher Frömmigkeit gewertet. Außerdem wurde die Tatsache in helleres Licht gerückt, daß alle Gläubigen einen einzigen, eng gefügten Leib bilden, dessen Haupt Christus ist, weshalb dem christlichen Volke die Pflicht obliege, in gebührender Weise an den liturgischen Handlungen teilzunehmen.

Kommentar der Redaktion:

Der Papst zeigt, dass die Lehre vom Mystischen Leib, die in einem natürlichen Zusammenhang mit der Heiligen Liturgie steht, von derselben Bewegung untersucht wurde, die auch die Liturgische Bewegung förderte. Diese umfangreiche und reiche Sammlung von Lehren, die auf diese Weise hervorgehoben wurde, war zunächst heilsam, wurde aber später auf heterodoxer Art verarbeitet. Daher der Zusammenhang zwischen den Enzykliken „Mistici Corporis Christi“ und „Mediator Dei“. Erstere zielte darauf ab, Irrtümer über den Mystischen Leib, letztere Irrtümer in der Liturgie zu bekämpfen. Beide Irrtümer verschmelzen somit zu einer gemeinsamen Wurzel der Heterodoxie und bilden so ein homogenes heterodoxes System.

4. Text der Enzyklika:

Ihr wisst ohne Zweifel sehr wohl, dass der Apostolische Stuhl jederzeit eifrig bestrebt war, das ihm anvertraute Volk mit richtigem und lebendigem liturgischem Empfinden zu erfüllen; und wie er mit nicht geringerem Eifer darauf geachtet hat, dass die heiligen Handlungen auch nach außen durch angemessene Würde wirkten. Wir selbst haben, als Wir dem Brauch gemäß im Jahre 1943 zu den Fastenpredigern der Ewigen Stadt sprachen, sie mit Nachdruck ermahnt, ihre Zuhörer zu einer wachsenden Teilnahme am eucharistischen Opfer anzuspornen; und erst neulich haben Wir in der Absicht, das rechte Verständnis der liturgischen Gebete und die Erfassung ihres kostbaren Wahrheitsgehaltes zu fördern, das Buch der Psalmen, das in der katholischen Kirche einen großen Teil jener Gebete ausmacht, aus dem Urtext von neuem ins Lateinische übertragen lassen.

Kommentar der Redaktion:

Der Grund für die Übersetzung ist laut Papst, dass die Psalmen besser verstanden und begriffen werden können. Daraus folgt, dass der Hauptnutzen, den die Gläubigen aus dem Offizium ziehen, nicht in nebulösen transpsychologischen, sondern vielmehr in einem psychologischen Effekt besteht. Wahre liturgische Bildung liegt im Verstehen und Auskosten der Bedeutung der Psalmen.

5. Text der Enzyklika:

Während also diese Bestrebungen infolge ihrer heilsamen Wirkungen Uns nicht geringen Trost bereiten, fordert doch auch das Gewissen, daß Wir jene Erneuerungsbestrebungen im Auge behalten und sorgsam darauf achten, daß die Anregungen nicht ins Maßlose oder Fehlerhafte ausarten.

Kommentar der Redaktion

Dieser Abschnitt macht deutlich, dass die Irrtümer nicht von einer anderen liturgischen Bewegung ausgingen, sondern von denjenigen, die so glücklich in Europa unter der Schirmherrschaft des Ordens des Heiligen Benedikt begann, die Meere überquerte und sich in der gesamten westlichen Kirche ausbreitete. Es zeigt auch, dass der Papst es für notwendig hält, diese Bewegung überall zu überwachen, um die schwerwiegenden Irrtümer, die in ihr entstanden sind, zu verhindern oder zu vermeiden.

6. Text der Enzyklika:

Wenn Wir nämlich einerseits mit großem Bedauern feststellen, daß in verschiedenen Ländern der Sinn für die heilige Liturgie, ihre Kenntnis und ihr Studium gelegentlich ungenügend sind oder fast ganz fehlen, so müssen Wir anderseits mit Besorgnis, ja mit Furcht wahrnehmen, wie einige allzu neuerungssüchtige Leute vom Weg der gesunden Lehre und der Klugheit abweichen.

Kommentar der Redaktion:

Entgegen einem sich heimtückisch verbreitenden Gerücht tadelt der Papst nicht diejenigen, die vor der Enzyklika die Irrtümer der Liturgischen Bewegung angegriffen haben. Er tadelt lediglich die Vernachlässigung der Heiligen Liturgie durch einige Menschen („in bestimmten Regionen“). Der Papst weist auf die psychologischen Gründe für diese Irrtümer hin: die Gier nach Neuerungen und ihre beiden Folgen: Bruch mit der gesunden Lehre und Unklugheit im Verhalten.

7. Text der Enzyklika:

Der Grund dafür liegt darin, dass sie in der Absicht und dem Wunsch, die liturgische Erneuerung zu fördern, oft Prinzipien außer Kraft setzen, die diese ,0heiligste Sache theoretisch oder praktisch gefährden und sie oft auch mit Irrtümern über den katholischen Glauben und die asketische Lehre verunreinigen.

Kommentar der Redaktion:

Der Papst prangert die Existenz eines Systems („Prinzipien“) an, mit dem die Irrtümer der liturgischen Bewegung verbunden sind. Es ist Aufgabe der Gelehrten, Mystici Corporis Christi und Mediator Dei sorgfältig zu analysieren, um diese Prinzipien anhand der darin enthaltenen Elemente zu definieren.

Der Papst betont die Schwere dieser Haltungen, die „oft den katholischen Glauben und die asketische Lehre beeinträchtigen“. – Die schlimmsten Feinde der liturgischen Bewegung sind diejenigen, die sie mit diesen Irrtümern gegen Glauben und Moral verunreinigen. Ihre besten Freunde hingegen sind diejenigen, die diese Irrtümer energisch bekämpfen, um eine gute liturgische Bewegung zu verbreiten.

8. Text der Enzyklika:

Reinheit des Glaubens und der Sitte muss aber die hauptsächlichste Richtlinie dieser heiligen Wissenschaft sein, die mit der weisen Lehre der Kirche in allem übereinstimmen soll. Es ist demnach Unsere Pflicht, was gut ist, zu loben und zu empfehlen, was aber vom rechten Weg abweicht, in Schranken zu halten oder zu verwerfen.

Kommentar der Redaktion:

Es gab unter uns einige, die glaubten, dass ein Angriff auf die Irrtümer der liturgischen Bewegung diese selbst in ihrer ganzen Integrität gefährden würde. Menschliche und fleischliche Klugheit ließ sie es vorziehen, dass sich die liturgische Bewegung durch Irrtümer verunreinigt ausbreitet, anstatt sie umsichtig zu unterbinden. Der Papst konnte nicht umhin zu erkennen, dass er mit der Veröffentlichung dieser Enzyklika die Existenz sehr schwerwiegender Irrtümer unter den Katholiken selbst öffentlich machen würde. Er urteilte, dass diese Gefahr geringer sei, als die liturgische Bewegung in ihren Irrtümern zu belassen. Unter uns gab es solche, die es als entweihend empfanden, die Irrtümer der Liturgie anzugreifen, die die Existenz einer Spaltung unter den Katholiken offenbarten. Eine verdächtige und seltsame Therapie, die darin bestand, dem Irrtum freien Lauf zu lassen, damit seine Existenz nicht wahrgenommen wurde. Nach Mediator Dei ist es nicht länger zulässig, diese Praxis zu befürworten.

9. Text der Enzyklika:

Es sollen jedoch die Säumigen und Lässigen nur nicht meinen, Wir wären mit ihnen zufrieden, weil Wir die Irrenden tadeln und die Allzukühnen zügeln; noch sollen die Unklugen es als Lob für sich deuten, wenn Wir die Nachlässigen und Zauderer zurechtweisen.

Kommentar der Redaktion:

Wie in Thema Nr. 6 spricht der Papst von zwei irrigen Positionen: der der Trägen und Lauen, die an der Sache desinteressiert sind, und der der Rücksichtslosen und Innovativen. Es gibt nicht den geringsten Hinweis auf diejenigen, die, obwohl sie an der Sache interessiert waren, die Irrtümer der Liturgie angriffen. Dies ist wichtig zu beachten, um heimtückische Gerüchte zu zerstören.

10. Text der Enzyklika:

Wenn Wir in Unserem Rundschreiben hauptsächlich von der lateinischen Liturgie sprechen, so geschieht das nicht, weil Wir die ehrwürdigen Liturgien der Ostkirche weniger schätzten; ihre Riten, durch alte und kostbare Urkunden überliefert, sind Uns ebenso teuer; das geschieht vielmehr wegen der besonderen Verhältnisse der abendländischen Kirche, die so geartet sind, daß sie das Eingreifen Unserer Autorität notwendig zu machen scheinen.

Kommentar der Redaktion:

Diese Worte des Papstes verdeutlichen die extreme Dringlichkeit der Situation, in der wir uns befinden: Die besonderen Bedingungen der westlichen Kirche ERFORDERN DAS EINGREIFEN UNSERER AUTORITÄT. Ein eindringlicher Aufruf an alle eifrigen Gläubigen, für eine gesunde liturgische Bewegung zu kämpfen, indem sie die Irrtümer, die sie plagen, radikal und unverzüglich beseitigen.

11. Text der Enzyklika:

Alle Christen sollen daher willig auf die Stimme ihres gemeinsamen Vaters hören, der sich sehnlichst wünscht, dass alle, die ihm innig verbunden sind, sich dem Altar Gottes nähern, denselben Glauben bekennen, dieselben Gesetze befolgen und mit einmütiger Absicht und einmütigem Willen am selben Opfer teilnehmen.

Kommentar der Redaktion:

Die obige Anmerkung wird bestätigt. Das Wort des Papstes zu hören, verpflichtet alle, auch die Laien, insbesondere im Jahrhundert der Katholischen Aktion, dazu, es zu verbreiten. Lasst uns energisch gegen das kämpfen, was der Papst verabscheut und verurteilt.

12. Text der Enzyklika:

Das verlangt schon die Ehre Gottes; das fordern auch die Bedürfnisse der Gegenwart. Nachdem ein langer und grauenvoller Krieg die Völker durch Feindschaft und blutigen Tod sich gegenseitig entfremdet hat, mühen sich jetzt Menschen guten Willens, alle nach besten Kräften zur Eintracht zurückzuführen.

Kommentar der Redaktion:

Der Papst zeigt, wie dringend nötig die Einheit der Gläubigen ist. Dies ist jedoch nur durch die Einheit im Glauben möglich, wie der Papst sagt. Um diese Einheit zu erreichen, hat der Papst, anstatt zum liturgischen Problem zu schweigen, im Gegenteil den Finger auf die Wunde gelegt. Den Finger eines Vaters und Arztes, der weiß, dass Ausbrüche nicht dadurch bekämpft werden, dass man sie ignoriert, sondern indem man sie behandelt. Dies ist ein unschätzbarer Trost für diejenigen von uns, die den Liturgizismus immer bekämpft haben und die mit dieser Haltung keine Zwietracht gestiftet, sondern die Einheit gefördert haben.

13. Text der Enzyklika:

Kaum nämlich ist das Wort Fleisch geworden[13], als es auch schon mit dem Priesteramt bekleidet sich der Welt offenbart, indem es sich dem Ewigen Vater unterwirft und diese Unterwerfung sein ganzes Leben hindurch ununterbrochen fortsetzt  Beim Eintritt in die Welt spricht Christus: ... Siehe ich komme . . . Deinen Willen, O Gott, zu erfüllen . . .[14], und im blutigen Kreuzesopfer hat er dies wunderbar erfüllt : Kraft dieses Willens sind wir ein für allemal geheiligt durch die Hingabe des Leibes Jesu Christi[15].

Kommentar der Redaktion:

Das priesterliche Amt Jesu Christi bestand nicht allein im Abendmahl und auf dem Kalvarienberg, sondern in der Unterwerfung, mit der er sich in jeder seiner Lebenshandlungen dem Vater gegenüber verhielt. Wie wir sehen werden, dient diese Beobachtung dem Papst als Grundlage, um die Art des von den Gläubigen dargebrachten Opfers, die Eigenschaften, die dieses Opfer haben muss, und damit die Art und Weise der Teilnahme der Gläubigen an der Heiligen Messe zu bestimmen. Man beachte die Beziehung zwischen den Opfern des christlichen Lebens und dem Opfer, einem Akt des öffentlichen Kultes.

14. Text der Enzyklika:

Sein tatenreiches Menschendasein strebt diesem einen Ziele zu. Als kleines Kind wird er im Tempel zu Jerusalem dem Herrn dargestellt; als Knabe begibt er sich wieder dorthin; später betritt er den Tempel immer und immer wieder, um das Volk zu lehren und dort zu beten. Bevor er seine öffentliche Tätigkeit beginnt, beobachtet er ein vierzigtägiges Fasten; durch seinen Rat und sein Beispiel mahnt er alle, ihre Bitten bei Tag und bei Nacht an Gott zu richten. Er, der Lehrer der Wahrheit, erleuchtet jeden Menschen[16]damit die Sterblichen den unsichtbaren Gott gebührend anerkennen und nicht Söhne feigen Versagens seien zu ihrem Verderben, sondern Kinder des Glaubens, durch den das Leben gewonnen wird[17]. Als Hirt leitet er seine Herde, führt sie auf die Weide des Lebens und erläßt sein Gesetz so, daß niemand von ihm und dem rechten Wege, den er weist, sich abbringen lasse, sondern alle unter dem Hauch seines Geistes und in seiner Kraft heilig leben. Beim letzten Abendmahle begeht er in feierlicher Form das neue Pascha, dessen Fortbestand er durch die Einsetzung der heiligen Eucharistie sichert;

Kommentar der Redaktion:

Der Papst unterscheidet in Jesus Christus zwischen individuellen und eigentlich priesterlichen Handlungen. Diese Unterscheidung bedeutet keine Trennung; im Gegenteil, es besteht eine enge Verbindung zwischen beiden. In der Frömmigkeit des Hohepriesters als Ganzes und auch in der Frömmigkeit der Kirche können wir zwei Elemente unterscheiden: Das eine besteht aus den eigentlich priesterlichen Handlungen, die das Handeln Christi als Meister, Hirte und Opferer fortsetzen; das andere besteht aus der Frömmigkeit des Einzelnen, einer Frömmigkeit, die streng privat und individuell ist. Der Papst wird dieses Konzept weiter ausführen, um zwischen dem eigentlich aktiven Priestertum der Hierarchie und dem analogen und passiven Priestertum der Laien zu unterscheiden, zwischen der eigentlich liturgischen Frömmigkeit der ersteren und der Frömmigkeit der Gläubigen, die auch bei der Ausübung liturgischer Handlungen privat ist.

15. Text der Enzyklika:

am folgenden Tag bringt er, zwischen Himmel und Erde schwebend, das heilbringende Opfer seines Lebens dar und läßt seiner durchbohrten Brust gleichsam die Sakramente entströmen, die den Menschen die Schätze der Erlösung zuführen sollen. Bei alledem schaut er einzig auf die Ehre seines himmlischen Vaters und darauf, die Menschen mit immer größerer Heiligkeit zu erfüllen.

Kommentar der Redaktion:

Die Heiligung der Menschheit wird durch die Vereinigung aller Kräfte ihrer Seele mit Gott erlangt. Es ist eine Vereinigung der Intelligenz, des Willens, der sich fest nach Gott sehnt, und der Sensibilität. Diese Vereinigung kann innerhalb der rein natürlichen Ordnung erreicht werden. So sind die Seelen derer, die sich in der Vorhölle (im Limbus) befinden, vollständig mit Gott vereint, obwohl sie kein übernatürliches Leben besitzen. Um diese moralische Vereinigung leichter und inniger zu fördern, schenkte unser Herr der Menschheit mit der Erlösung übernatürliches Leben. Doch, so der Papst, die Verleihung dieses herrlichen Geschenks ist kein Selbstzweck. Das letzte Ziel, zu dem die Verleihung des übernatürlichen Lebens ein Mittel ist, ist die moralische Vereinigung mit Gott: dass der Mensch Gott von ganzem Herzen und vor allem seine eigene Ehre lieben kann.

16. Text der Enzyklika:

Deshalb zielt die vom göttlichen Erlöser gestiftete Gesellschaft mit ihrer Lehre und Leitung, dem von ihm eingesetzten Opfer und den von ihm gestifteten Sakramenten, mit der von ihm überkommenen Verwaltung und dem von ihr verströmten Gebet und Blut nur auf das eine hin, daß sie täglich sich weite nach außen und innerlich zusammenwachse; das wird auch erreicht, wenn Christus in den Menschenseelen Leben gewinnt und sich entfaltet, und umgekehrt die Menschenseelen durch Christus gleichsam erbaut werden und wachsen;

Kommentar der Redaktion:

Der Papst bestätigt die obige These. Es ist so wahr, dass die Ehre Gottes und die moralische Vereinigung des Menschen mit Gott das Ziel aller Taten Jesu Christi und der Erlösung selbst sind, dass die Kirche, die Fortsetzung Christi, kein anderes Ziel hat als dieses. Man beachte, dass für den Papst die klassische Formel, Christus im Gläubigen oder den Gläubigen in Christus aufzubauen, im Wesentlichen die Idee zum Ausdruck bringt, die festeste und tiefste moralische Verbindung zwischen dem Gläubigen und Christus herzustellen. Hier liegt nichts Transpsychologisches vor, wie man in der verdächtigen oder fehlerhaften Terminologie gewisser moderner Philosophien sagen könnte.

17. Text der Enzyklika:

Deshalb ist in jeder liturgischen Handlung zugleich mit der Kirche ihr göttlicher Stifter zugegen. Zugegen ist Christus im hochheiligen Opfer des Altares, in der Person des seine Stelle vertretenden Priesters und vor allem unter den eucharistischen Gestalten. Zugegen ist er in den Sakramenten durch die Kraft, die er ihnen zuströmen läßt als den Werkzeugen der Heiligung. Zugegen ist er endlich im Lob Gottes und im Bittgebet, gemäß dem Worte: Wo nämlich zwei oder drei in meinem Namen vereint sind, bin ich mitten unter ihnen[22].

Kommentar der Redaktion:

Man beachte, dass Christi Gegenwart in der liturgischen Handlung „gemeinsam“ mit der Kirche erfolgt. Dieser Ausdruck findet seinen Kommentar in Mystici Corporis Christi, wo der Heilige Vater die Unmöglichkeit betont, einer vermeintlich unsichtbaren Kirche Christi anzugehören, und bekräftigt, dass es unmöglich ist, mit Christus vereint zu sein, ohne mit der sichtbaren Kirche verbunden zu sein, deren oberstes Oberhaupt der Heilige Vater, der Papst, ist.

18. Text der Enzyklika:

Die heilige Liturgie bildet folglich den öffentlichen Kult, den unser Erlöser, das Haupt der Kirche, dem himmlischen Vater erweist und den die Gemeinschaft der Christgläubigen ihrem Gründer und durch ihn dem Ewigen Vater darbringt; um es zusammenfassend kurz auszudrücken: sie stellt den gesamten öffentlichen Gottesdienst des mystischen Leibes Jesu Christi dar, seines Hauptes nämlich und seiner Glieder.

Kommentar der Redaktion:

Hier finden wir eine offizielle Definition der Liturgie, die von nun an als Grundlage für alles zu diesem Thema dienen wird. Diese Definition bestätigt die traditionelle Lehre, dass nur Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die speziell zu diesem Zweck ernannt wurden, liturgische Funktionen ausüben dürfen. Die einfachen Gläubigen sind daher von allen offiziellen oder formal liturgischen Handlungen ausgeschlossen. Diese Lehre wird später noch eindringlich und entschieden bekräftigt.

19. Text der Enzyklika

Je nach den Umständen und den Bedürfnissen der Christen wird der Gottesdienst veranstaltet, ausgebaut und mit neuen Riten, Zeremonien und Gebetsformen bereichert, immer zu dem Zwecke, „daß wir durch jene Sinnbilder uns selbst anspornen und innewerden, wieviel Fortschritt wir gemacht haben, und zu dessen Förderung uns entschieden aneifern denn die Wirkung wird um so wertvoller sein, je stärker der Eifer ist, der ihr vorausgeht“[25]

Kommentar der Redaktion:

Der Papst zeigt einmal mehr, dass die moralische Vereinigung der Gläubigen (und nicht die transpsychologische oder ontologische, wie manche behaupten) mit Gott, zusammen mit der Verherrlichung Gottes selbst, der wesentliche Zweck der Liturgie ist.

Der Papst verurteilt umgehend den liturgischen Archaismus und erklärt, dass die neuen Riten kein Abschaum oder Unreinheiten einer dekadenten Kirche seien, sondern wahre Reichtümer, die das spirituelle Erbe der Kirche intensivieren.

20. Text der Enzyklika:

So erhebt sich das Gemüt beschwingter und leichter zu Gott, und das Priestertum Jesu Christi lebt und wirkt jederzeit durch alle Jahrhunderte hindurch, da die heilige Liturgie nichts anderes ist als die Ausübung dieses Priesteramtes.

Kommentar der Redaktion:

Dieses gesamte Thema zeigt, dass das von der Kirche ausgeübte Priestertum Jesu Christi ein hierarchisches Priestertum ist, das nur von geistlichen Amtsträgern und nicht von einfachen Gläubigen ausgeübt werden kann.

21. Text der Enzyklika:

Die zum irdischen Leben Gebotenen bereichert sie in einer Art von Wiedergeburt mit dem übernatürlichen Leben; für den Kampf gegen den unversöhnlichen Feind stärkt sie dieselben mit der Kraft des Heiligen Geistes; sie ruft die Christen zu den Altären, eifert sie durch wiederholte Einladung an zur andächtigen Feier des eucharistischen Opfers und nährt sie mit der Engelspeise, damit sie immer mehr erstarken; die durch die Sünde Verwundeten und Befleckten.

Kommentar der Redaktion:

Der Ausdruck „feiern“ ist von den Gläubigen im Sinne von Gedenken zu verstehen, denn der Papst …(Druckfehler im Original)… er verwendet den verwerflichen und oft verwendeten Ausdruck „konzelebrieren“ gerade deshalb, weil die Gläubigen vom wesentlichen Akt des Heiligen Messopfers, der Wandlung, ausgeschlossen sind.

22. Text der Enzyklika:

Jedoch ist das Hauptgewicht bei der Gottesverehrung auf das Innere zu verlegen. Wir müssen immer in Christus leben und uns ihm ganz hingeben, damit in ihm, mit ihm und durch ihn dem himmlischen Vater die gebührende Ehre erwiesen werde. Die heilige Liturgie verlangt aber, daß die beiden Elemente aufs engste miteinander verknüpft seien; sie selbst wird nicht müde, das immer und immer wieder zu empfehlen, sooft sie nämlich einen äußeren Akt religiösen Kultes vorschreibt. So mahnt sie uns z. B. beim Fasten, „unser sittliches Verhalten möge das, wovon es nach außen Zeugnis gibt, in unserem Innern verwirklichen“[28]. Sonst wird die Religion zweifelsohne zum leeren Ritus und reinen Formalismus. Wie euch, ehrwürdige Brüder, bekannt ist, hält der göttliche Meister jene des Gotteshauses für unwürdig und möchte sie aus ihm entfernt wissen, die vermeinen, sie könnten allein schon mit klangvollen schönen Stimmen nach Art der Schauspieler Gott verehren, und die sich einbilden, für ihr ewiges Heil ordentlich Sorge zu tragen, auch wenn sie ihre tief eingewurzelten Fehler nicht mit der Wurzel ausrotten[29].

Kommentar der Redaktion:

Wenn die heilige Liturgie und das christliche Leben im Allgemeinen, wie manche behaupten, eine transpsychologische und ontologische Vereinigung mit Gott bewirken würden, wären die inneren Gefühle der Seele, gerade weil sie im psychologischen Bereich stattfinden, mit Sicherheit zweitrangig. Durch die korrekte Durchführung des Ritus und damit das Erreichen seiner ontologischen oder transpsychologischen Wirkung wäre der Zweck der Liturgie erreicht, selbst wenn die moralische und psychologische Vereinigung nicht erreicht würde.

Der Papst geht vom entgegengesetzten Prinzip aus und misst daher nicht der Durchführung des Ritus, sondern der inneren Verfassung höchste Bedeutung bei. Der Papst ist zutiefst empört über den rein mechanischen Formalismus der Liturgie, über die Vorstellung, sie handle ausschließlich „ex opere operatur“ und nicht „ex opere operantis“. Die Enzyklika „Mediator Dei“ ist die Peitsche, die diese neue Form von Hausierern und Pharisäern aus der Kirche vertreiben soll.

23. Text der Enzyklika:

Die Kirche wünscht also, daß alle Christgläubigen sich zu den Füßen des Erlösers niederwerfen, um ihm ihre Verehrung und Liebe zu erzeigen; sie wünscht, daß die Scharen nach dem Beispiel der Jugend, die Christus bei seinem Einzug in Jerusalem mit Freudengesang entgegenzog, lobsingen und dem König der Könige, dem höchsten Geber aller Güter Jubellieder ertönen lassen und Danksagung darbringen; daß ihren Lippen Gebete entströmen, Bittgebete und froher Lobpreis, durch die sie wie die Apostel am See Genesareth seine barmherzige und allmächtige Hilfe anrufen; oder daß sie, wie Petrus auf dem Berge Tabor vom Lichtglanz und der Wonne seliger Beschauung hingerissen, sich und das Ihrige dem Ewigen Gott anheimstellen.

Kommentar der Redaktion:

Die innere Haltung der Gläubigen ist für ein gesundes und orthodoxes liturgisches Leben so grundlegend, dass der Papst in diesem Thema, in dem er eindeutig von liturgischer Frömmigkeit spricht, Worte und Begriffe verwendet, die durchaus für eine rein private Frömmigkeit geeignet sind.

24. Text der Enzyklika:

Daher haben jene vom wahren Begriff und Sinn der heiligen Liturgie entschieden eine falsche Vorstellung, die unter ihr nur den äußeren und sinnfälligen Teil des Gottesdienstes oder etwa eine würdige Aufmachung von Zeremonien verstehen. Und ebenso gehen jene fehl, die sie nur für eine Sammlung von Gesetzen und Vorschriften halten, wonach die kirchliche Hierarchie die heiligen Riten regelt.

Es muß allen eine Selbstverständlichkeit sein, daß Gott nicht würdig verehrt werden kann, wenn nicht Geist und Herz zur Vollkommenheit angeeifert werden, und daß der Kult, den die Kirche in Einheit mit ihrem göttlichen Haupt Gott darbringt, die höchste Wirkkraft zur Weckung wahrer Heiligkeit in sich birgt.

Kommentar der Redaktion:

Die Sprache des Papstes zeigt, dass diese Irrtümer nicht bloß hypothetisch und möglich sind, sondern dass sie konkret aus der ansonsten providentiellen liturgischen Bewegung entstanden sind.

In diesem Abschnitt formuliert der Papst den in den vorherigen Erwägungen widerlegten Irrtum und verurteilt ihn. Der Irrtum ist zweifacher Natur: 1) dass die Liturgie Gott allein deshalb würdig verherrlichen kann, weil ihr Ritus in hervorragender Weise vollzogen wird, obwohl keine Anstrengungen zur Heiligung der Amtsträger und der Gläubigen unternommen werden; 2) dass die Heiligung nicht eine höchste Wirkung der Liturgie ist.

25. Text der Enzyklika:

Diese Wirkkraft kommt, wo es sich um das eucharistische Opfer und die Sakramente handelt, vor allem und an erster Stelle ex opere operato (aus der heiligen Handlung selbst). Wenn wir hingegen die Funktionen der unversehrten Braut Jesu Christi ins Auge fassen, wodurch sie mit Gebeten und heiligen Zeremonien das eucharistische Opfer und die Sakramente umrankt, oder wenn die Rede ist von den Sakramentalien und den übrigen Riten, die von der kirchlichen Hierarchie angeordnet sind, so kommt die Wirkkraft vor allem ex opere operantis Ecclesiae (aus der Handlung als einer Handlung der Kirche), insofern sie heilig ist und in engster Verbindung mit ihrem Haupte wirkt.

Kommentar der Redaktion:

Der Papst bestätigt hier die traditionelle Lehre der katholischen Theologie, wonach er bei jeder heiligenden Handlung mehrere Arten der Wirksamkeit unterscheidet. 1) die intrinsische Wirksamkeit (ex opere operato), d. h. die Wirksamkeit der Sakramente und des Messopfers, unabhängig von der Heiligkeit desjenigen, der sie spendet. 2) die Wirksamkeit, die außerhalb des Werkes selbst liegt, aber auch unabhängig von der Heiligkeit des Spenders ist. Dies ist das „opus operantis Ecclesiae“, dessen heiligende Wirksamkeit von der Heiligkeit der Kirche abhängt, in deren Namen der heilige Ritus von ihrem Spender vollzogen wird. 3) die Wirksamkeit, die sich aus dem Verdienst der Person ergibt, die die heiligende Handlung vollzieht, und von der Heiligkeit desjenigen abhängt, der die Handlung vollzieht.

Man sollte nicht meinen, dass die Wirksamkeit „ex opere operato“ in keiner Weise ein Element innerer Anbetung beinhaltet, d. h. die Gefühle der Seele, die sich Gott zuwendet, um ihn anzubeten. Es ist wahr, dass das Messopfer und die Sakramente auch dann gültig und wirksam sind, wenn sie von unwürdigen Personen gefeiert werden. Ihre Wirksamkeit leitet sich jedoch nicht aus ihrer liturgischen Handlung ab, als wäre diese eine magische Handlung; ihre Wirksamkeit leitet sich aus den Verdiensten Jesu Christi ab, in dessen Person sie ausgeübt werden, und die Verdienste Jesu Christi umfassen den gesamten unendlichen Wert ihrer inneren Anbetung.

Man sollte nicht meinen, die Kirche würde die Elemente der inneren Anbetung und die Heiligung selbst vom Spender, der die Sakramente spendet oder spendet, entbehrt. Es ist wahr, dass ihre liturgischen Handlungen in diesen Fällen gültig sind, auch wenn sie unwürdig sind. Aber die Kirche erklärt sie für unzulässig und macht sie schwer schuldig, wenn sie sich ihnen unwürdig, im Zustand der Todsünde oder ohne die für die heilige Handlung erforderlichen Voraussetzungen nähern. Gleiches gilt für die Sakramentalien, bei denen die Wirksamkeit nicht vom Spender, sondern von der Kirche abhängt.

Darüber hinaus wird bei der sakramentalen Handlung selbst das innere psychologische Element nicht völlig vernachlässigt. Mit anderen Worten: Eine mechanische, äußerlich vollzogene Handlung reicht nicht aus. Denn damit die Sakramente gültig sind, verlangt die Kirche die Absicht des Spenders, „das zu tun, was die Kirche tut“.

26. Text der Enzyklika:

In diesem Zusammenhang möchten Wir, ehrwürdige Brüder, eure Aufmerksamkeit auf jene neue Theorie der christlichen Frömmigkeit hinlenken, die man „objektive“ (sachliche) Frömmigkeit nennt; während diese Theorie das Geheimnis des Mystischen Leibes, die wahrhaft heiligende Wirkkraft der Gnade sowie die göttliche Wirkung der Sakramente und des eucharistischen Opfers klar herausstellt, scheint sie dahin zu zielen, die „subjektive“ oder „persönliche“ Andacht herabzumindern oder ganz zu übersehen.

Kommentar der Redaktion:

Bisher hat der Papst von zwei Elementen gesprochen, die die Frömmigkeit der Kirche, d. h. des mystischen Leibes, ausmachen – beides wesentliche Elemente:

a) die Taten Jesu Christi, des Hauptes der Kirche, die von den Liturgiedienern fortgeführt werden;

b) die Taten der Gläubigen und des Liturgiedieners selbst, nicht als Stellvertreter Jesu Christi, sondern als Privatperson.

Das erste Element könnte man als objektiv, das zweite als subjektiv bezeichnen. Der vom Papst verurteilte Irrtum besteht darin, das objektive Element zu übertreiben und das subjektive Element zu unterschätzen oder gar zu vernachlässigen.

Da das subjektive Element persönlich und das objektive daher kollektiv ist, besteht dieser Irrtum darin,

1) die Frömmigkeit überwiegend kollektiv oder liturgisch zu gestalten, zum Nachteil der privaten oder persönlichen Frömmigkeit;

2) innerhalb der kollektiven Frömmigkeit selbst das Element der persönlichen Frömmigkeit zu unterschätzen, das ihr innewohnt und von ihr untrennbar ist. Dies wäre also eine Entpersonalisierung und Sozialisierung der Frömmigkeit, die im spirituellen Bereich das bewirken würde, was der Kommunismus im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich bewirkt. Es wäre die Bolschewisierung der christlichen Frömmigkeit.

Wenn wir die letzten und extremsten logischen Konsequenzen dieser Irrtümer ziehen und Frömmigkeit als etwas völlig Unpersönliches begreifen, sind wir beim Panpsychismus und Pantheismus angelangt.

Daraus ergibt sich als Konsequenz, und zwar nur als Konsequenz, der Quietismus in der Frömmigkeit. Wenn der Einzelne nichts mit Frömmigkeit zu tun hat, besteht seine Rolle darin, ruhig und inaktiv zu bleiben, während sich die „ex opere operato“-Wirkungen der Liturgie in einem kollektiven und unpersönlichen Bereich entfalten.

Dieses Thema, eines der dichtesten, reichhaltigsten und tiefgründigsten dieser Enzyklika, prangert die Verwandtschaft zwischen den Irrtümern des Liturgizismus und den pantheistischen und sozialistischen Tendenzen der wichtigsten philosophischen Strömungen unserer Zeit an. Dieses Thema wird deutlicher, wenn man die Enzyklika „Mediator Dei“ in Verbindung mit der Enzyklika „Mystici Corporis Christi“ betrachtet. Letztere verurteilt diejenigen, die an einer leiblichen Verbindung zwischen den Gläubigen und Jesus Christus festhalten, und prangert damit die Existenz eines Neopantheismus mit christlichen Anklängen an, der sich aus der Untersuchung der paulinischen Allegorie des mystischen Leibes ergibt.

27. Text der Enzyklika:

In den liturgischen Feiern und besonders im hochheiligen Opfer des Altares wird das Werk unserer Erlösung weitergeführt und seine Frucht uns zugewendet. Christus wirkt in den Sakramenten und in seinem Opfer tagtäglich unser Heil; durch sie entsühnt er jederzeit die Menschheit und weiht sie Gott. Sie besitzen also eine „objektive“ (in ihnen selbst liegende) Kraft, die unseren Seelen das göttliche Leben Jesu Christi tatsächlich mitteilt. Also nicht aus unserer, sondern aus Gottes Kraft wohnt ihnen jene Wirksamkeit inne, welche die gläubige Gesinnung der Glieder mit jener des Hauptes verbindet und sie gewissermaßen zur Haltung der ganzen Gemeinschaft macht.

Kommentar der Redaktion:

Der Papst zeigt in diesem Thema, worin wahre objektive Frömmigkeit besteht und dass sie, wie die subjektive Frömmigkeit, auch das Ziel hat, die Gläubigen zu heiligen. In dieser Erklärung der objektiven Frömmigkeit ist kein Platz für transpsychologische Überlegungen. Tatsächlich erfordert diese Frömmigkeit die Mitwirkung des menschlichen Willens, d. h. der subjektiven Frömmigkeit, wie der Papst später sagen wird.

28. Text der Enzyklika:

Aus diesen scharfsinnigen Gedankengängen schließen manche, die ganze christliche Frömmigkeit müsse im Geheimnis des Mystischen Leibes Christi ihren Bestand haben ohne „persönliche“ oder „subjektive“ Beziehung; und sie sind sogar der Meinung, die übrigen religiösen Übungen, die nicht eng mit der heiligen Liturgie verbunden sind und sich außerhalb des öffentlichen Kultes vollziehen, seien hintanzusetzen.

So richtig nun die oben dargelegten Grundsätze sind, die Schlussfolgerungen bezüglich der beiden Arten von Frömmigkeit erkennt jedermann als irreführend, verfänglich und sehr verderblich.

Kommentar der Redaktion:

In diesem Zusammenhang verurteilt der Papst die Behauptung, man dürfe sich nicht um die eigene Heiligung kümmern, auch nicht in der Liturgie. Er verurteilt auch die damit verbundene Vorstellung, dass private Frömmigkeitspraktiken, die ausschließlich der „persönlichen und subjektiven Sorge“ dienen, von den Gläubigen nicht übernommen werden sollten.

Dies zeigt die wahrhaft pestilenzialische doktrinäre Wurzel der bekannten Verachtung der Liturgen für private Frömmigkeit, ein Irrtum, der in einer Mitteilung der Kirchenkammer von Rio de Janeiro und auch in der Enzyklika „Mistici Corporis Christi“ angeprangert wurde. Diese Irrtümer werden vom Papst als „falsch, heimtückisch und äußerst schädlich“ eingestuft.

29. Text der Enzyklika:

Gewiss ist daran festzuhalten, dass die Sakramente und das Messopfer eine durchaus innere Kraft in sich bergen, weil sie eben Handlungen Christi sind, welche die Gnade des göttlichen Hauptes den Gliedern des Mystischen Leibes zuleiten und zuteilen; damit sie aber die entsprechende Wirksamkeit haben, muss notwendig von unserer Seite die richtige seelische Verfassung dazukommen. Deshalb mahnt der Apostel Paulus bezüglich der Eucharistie : So prüfe sich denn der Mensch, und dann esse er von dem Brot und trinke aus dem Kelch[30]. Deshalb nennt die Kirche alle Übungen, durch die besonders während der Fastenzeit unser Inneres geläutert wird, „Wachtpostendienst des christlichen Kampflebens“[31], sind sie doch tatkräftige Bemühungen der Glieder, die auf Anregung und mit Hilfe der Gnade ihrem göttlichen Haupt anhangen wollen, damit, wie Augustinus sagt, „uns in unserem Haupte die Quelle der Gnade selbst erscheine“[32].

Kommentar der Redaktion:

Dieses Thema verdeutlicht die enge und notwendige Verbindung zwischen objektiver und subjektiver Frömmigkeit in der liturgischen Frömmigkeit selbst. Tatsächlich gehören die Wirkhandlungen „ex opere operato“ Jesus Christus selbst und können daher nur von dem Priester vollzogen werden, der ihn vertritt. Die Teilnahme der Gläubigen erfolgt durch das Zusammenwirken ihres freien Willens mit der Gnade. Dies ist ein entscheidender Aspekt für das Verhalten der Gläubigen während der Liturgie. Es ist absolut nicht notwendig, dass sie dieselben Formeln wie der Zelebrant sprechen, aber es ist absolut notwendig, dass sie die Wirkhandlungen Christi annehmen, was sie durch die Übereinstimmung von freiem Willen und Gnade tun. Ein Gläubiger, der sich darauf beschränkte, dieselben Formeln wie der Priester zu sprechen, und nicht darauf achtete, seine Seele für den Gnadenfluss, der aus der heiligenden Handlung „ex opere operato“ hervorgeht, bereitwillig zu empfangen, würde die Kirche verlassen, wie der Pharisäer den Tempel verließ: ohne etwas von seinem Akt der Frömmigkeit gewonnen zu haben.

30. Text der Enzyklika:

Aber wohlgemerkt, diese Glieder leben und sind mit eigenem Verstand und freiem Willen begabt; deshalb müssen sie unbedingt selber die Lippen an die Quelle legen, die lebenspendende Nahrung aufnehmen und in sich umwandeln sowie alles ausstoßen, was der Wirksamkeit dieser Nahrung hinderlich sein könnte. Es gilt also: das Erlösungswerk, das in sich etwas von unserem Willen Unabhängiges ist, verlangt unser inneres Mittun, damit wir das ewige Heil erlangen können.

Kommentar der Redaktion:

Die obige These wird bestätigt. Interessant ist der Standpunkt, auf den der Papst sie stützt: Nur wenn die Kirche nicht aus lebendigen Gliedern bestünde, die über eigene Vernunft und eigenen Willen verfügen – das heißt, nur wenn Pantheismus und Panpsychismus wahr wären –, könnte auf die Mitwirkung dieser Glieder im Lebenssystem des Mystischen Leibes verzichtet werden.      

31. Text der Enzyklika:

Wenn die private und persönliche Frömmigkeit der einzelnen das heilige Messopfer und die Sakramente vernachlässigt und sich der heilbringenden Kraft entzieht, die vom Haupt in die Glieder strömt, so wird sie zweifelsohne eine verwerfliche und unfruchtbare Sache sein. Wenn aber alle mit der Liturgie nicht eng verbundenen Weisungen und Übungen der Frömmigkeit sich gerade deshalb mit den menschlichen Handlungen befassen, um sie auf den himmlischen Vater hinzurichten, die Menschen heilsam zur Buße und heiligen Gottesfurcht anzueifern, sie von den Verlockungen der Welt und Sünde hinweg und auf steilem Pfade glücklich zum Gipfel der Heiligkeit zu führen, so sind sie wahrlich nicht nur höchsten Lobes würdig, sondern einfachhin notwendig, weil sie nämlich die Gefahren des geistlichen Lebens aufdecken, uns zur Tugendhaftigkeit erziehen und jenes lebendige Streben in uns stärken, wodurch wir uns und all das Unsrige dem Dienste Jesu Christi weihen sollen.

Kommentar der Redaktion:

Der Papst zeigt, dass individuelle, außerliturgische Frömmigkeit für das Heil absolut unverzichtbar ist. Sie stellt eine harmonische und wesentliche Ergänzung der liturgischen Frömmigkeit dar. Daraus folgt, dass eine Bewegung, die ausschließlich zur Vertiefung des Liturgiewissens gegründet wurde und dabei die individuelle Frömmigkeit innerhalb und außerhalb der Liturgie vernachlässigte, grundlegend falsch wäre. Die liturgische Bewegung, die der Papst entwickeln möchte, umfasst die Förderung der privaten Frömmigkeit.

32. Text der Enzyklika:

Die christliche Religion verlangt nämlich, richtig gepflegt, dass vor allem der Wille Gott geweiht werde und mit seiner Kraft auf die übrigen Seelenfähigkeiten einwirke.

Kommentar der Redaktion:

Beachten Sie dieses Prinzip, das die gesamte Enzyklika dominiert.

33. Text der Enzyklika:

Nun aber setzt jeder Willensakt Verstandestätigkeit voraus; und bevor das Verlangen und der Vorsatz zustande kommen, sich dem ewigen Gott durch das Opfer zu weihen, ist die Erkenntnis der Tatsachen und Wahrheiten, welche die Gottesverehrung zur Pflicht machen, unbedingt erfordert; dazu gehören z. B. das letzte Ziel des Menschen und die Erhabenheit der göttlichen Majestät, die Pflicht der Unterwerfung unter den Schöpfer, sodann die unergründlichen Schätze der Liebe, mit denen Gott uns zu bereichern wünscht, die Notwendigkeit des übernatürlichen Lebens zur Erreichung des uns gesteckten Zieles und jener besondere, von der göttlichen Vorsehung uns gewiesene Weg, insofern wir ja alle als Glieder des Leibes mit Christus dem Haupte verbunden sind.

Kommentar der Redaktion:

Dieser Abschnitt verdeutlicht die Bedeutung einer Religionsunterweisung mit apologetischem Charakter. Es verurteilt implizit eine gewisse antiapologetische Tendenz, die heute offensichtlich ist.

34. Text der Enzyklika:

Weil aber die Beweggründe der Liebe nicht immer über unseren bisweilen von verkehrten Regungen verwirrten Geist Gewalt haben, ist es sehr angebracht, daß die Betrachtung der göttlichen Gerechtigkeit uns in heilsamer Weise erschüttere und uns zu christlicher Demut, Buße und Besserung des Lebens führe.

Kommentar Herausgebers:

„Mystici Corporis Christi“ verurteilt diejenigen, die sich der Predigt über die ewige Strafe widersetzen. Pius XII. bekräftigt in dieser Enzyklika dieselbe Verurteilung.

35. Text der Enzyklika:

Daraus ergibt sich ein harmonisches Gleichgewicht der Glieder im Mystischen Leibe Jesu Christi. Indem die Kirche uns im katholischen Glauben unterrichtet und zum Gehorsam gegen die christlichen Gebote ermahnt, bereitet sie den Weg zu ihrer eigentlich priesterlichen, unsere Heiligung bewirkenden Aufgabe; ebenso leitet sie uns zu einer eingehenderen Betrachtung des Lebens unseres göttlichen Erlösers an und führt uns zu einer tieferen Erkenntnis der Glaubensgeheimnisse. So spendet sie uns überirdische Nahrung, damit wir durch sie gestärkt und mit der Hilfe Christi sicheren Fortschritt in der Vollkommenheit machen können. Nicht allein durch ihre Diener, sondern auch durch die einzelnen Gläubigen, die so den Geist Jesu Christi in sich aufgenommen haben, bemüht sich die Kirche, das private, eheliche, soziale, ja selbst das wirtschaftliche und politische Leben und Handeln der Menschen zu durchdringen, damit alle, die Kinder Gottes heißen, das ihnen gesteckte Ziel leichter erreichen können.

Kommentar:

Die unzerstörbare gegenseitige Abhängigkeit zwischen privater Frömmigkeit und der Heiligen Liturgie kann nicht deutlicher bekräftigt werden.

36. Text der Enzyklika:

Derlei private Übungen der Gläubigen und der religiöse Eifer, der sie zur inneren Läuterung treibt, wecken daher in ihnen gerade jene Kräfte, die es ihnen ermöglichen, besser am hochheiligen Opfer des Altares teilzunehmen, die Sakramente fruchtbringender zu empfangen und die gottesdienstlichen Handlungen so mitzufeiern, daß sie noch entschlossener und befähigter werden zum Gebet und zur christlichen Entsagung, zur bereitwilligen Aufnahme der Anregungen der göttlichen Gnade und zur täglich vollkommeneren Nachahmung des Tugendlebens unseres Erlösers; und das nicht nur zum eigenen Nutzen, sondern ebenso zu dem der ganzen Kirche: denn alles Gute, das in ihr gewirkt wird, ist ein Kraftstrom, der ausgeht von ihrem Haupte und sich heilsfördernd auf alle Glieder auswirkt.

Kommentar der Redaktion:

Der Papst beschreibt diese gegenseitige Abhängigkeit zwischen privater Frömmigkeit und der Heiligen Liturgie als ein heilsames Auf und Ab: Private Frömmigkeit ermöglicht eine wirksamere Teilnahme an liturgischen Handlungen, und diese tragen dank dieser Voraussetzungen reichere Früchte für die Erbauung der individuellen Frömmigkeit.

37. Text der Enzyklika:

Im geistlichen Leben kann es also keinen Widerstreit geben zwischen dem göttlichen Wirken, das zur ununterbrochenen Fortführung unserer Erlösung den Seelen die Gnade zuleitet, und dem willigen Mitwirken der Menschen, die Gottes Geschenk nicht vergeblich empfangen dürfen[36]; keinen Widerspruch zwischen der Wirksamkeit des äußeren Zeichens der Sakramente, die ex opere operato, d. h. aus dem Sakrament selber kommt, und dem verdienstlichen Werk derer, welche die Sakramente spenden oder empfangen, was wir opus operantis, d.h. das Werk des Handelnden nennen; keinen Widerspruch zwischen öffentlichem und privatem Gebet, zwischen Sittenlehre und Mystik, zwischen Aszese und liturgischer Frömmigkeit; keinen Widerspruch schließlich zwischen der Rechts- und Lehrgewalt der kirchlichen Hierarchie und ihrer priesterlichen Gewalt im eigentlichen Sinne, die sich im heiligen Amt betätigt.

Kommentar der Redaktion:

Der Papst zählt die falschen und verabscheuungswürdigen Gegensätze auf, die durch die Liturgie geschaffen werden:

a) zwischen privater Frömmigkeit und Liturgie;

b) zwischen Gnade und freiem Willen;

c) zwischen Ritus und inneren Dispositionen;

d) zwischen Handeln „ex opere operato“ und Handeln „ex opere operantis“;

e) zwischen Moral und Kontemplation;

f) zwischen Askese und Liturgie;

g) zwischen Jurisdiktionsgewalt und Lehramt und der Weihegewalt.

38. Text der Enzyklika:

Aus schwerwiegenden Gründen besteht die Kirche darauf, daß die amtlichen Diener des Altares und die Ordensleute zur festgesetzten Zeit der Betrachtung, der eifrigen Gewissenserforschung und Gewissensreinigung, sowie den übrigen geistlichen Übungen obliegen[37], gerade weil sie in besonderer Weise zu den liturgischen Funktionen des heiligen Opfers und des Lobes Gottes bestimmt sind.

Kommentar der Redaktion:

Der Papst betont, dass die private Frömmigkeit des Zelebranten bei der Feier liturgischer Handlungen eine bedeutende Rolle spielt. Diese Lehre gilt auch für die Gläubigen.

39. Text der Enzyklika:

Zweifellos hat das liturgische Gebet als öffentliches Gebet der erhabenen Braut Jesu Christi eine höhere Würde als das private. Allein diese höhere Würde besagt keinen Gegensatz oder Widerspruch zwischen diesen beiden Gebetsarten. Da sie von ein- und demselben Geiste beseelt sind, fließen sie zu harmonischer Einheit zusammen nach dem Worte alles und in allem Christus[38]und streben demselben Ziele zu, bis Christus in uns Gestalt gewinnt[39].

Kommentar der Redaktion:

Die vielfach behauptete und wahrhaft herausragende Bedeutung der Liturgie rechtfertigt keine Verachtung der privaten Frömmigkeit.

 

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Dieser war der letzte Artikel von Prof. Plinio Corrêa de Oliveira in der letzten Ausgabe des „Legionário“. An diesem Tag wurde er Fristlos all seiner publizistischen Tätigkeiten entlassen auf Grund seiner anti-progressiven Einstellungen. Selbst seine Anwaltskanzlei in der er einige Angelegenheiten der Kurie verwaltete, musste er schließen, da ihm alle Mandanten seinen Dienst kündigten. Es folgte eine Zeit der völligen Zurückgezogenheit bis 1951, als P. Antonio de Castro Meyer und P. Geraldo Sigaud SVD von Pius XII. zu Bischöfen ernannt wurden. Mit der Gründung der Monatszeitschrift „Catolicismo“ als offiziöses Blatt der Diözese Campos, zu der Bischof Antonio de Castro Meyer ernannt wurde. So fing Plinio Corrêa de Oliveira sein neues Apostolat in Kirche und Gesellschaft von Neuem an.